MARTIN FORTER - GEOGRAF UND ALTLASTENEXPERTE
+++ 14. Juli 2016 +++
Die Sondermülldeponie Kölliken im Aargau ist leer geräumt. Das Gift, das in der Deponie Pont Rouge in Monthey im Wallis lag, ist ausgegraben. Die Chemiemülldeponie Bonfol im Jura ist fast fertig ausgehoben. Was um das Jahr 2000 begann ist nächstens abgeschlossen: In der ganzen Schweiz liessen die Kantone die giftige Hinterlassenschaft der Basler Chemie aus dem Boden holen. Überall? Nein, im Kanton Basel-Landschaft nicht. Hier geschah trotz der Gefahr für das Trinkwasser von 230'000 Menschen in der Stadt und Agglomeration Basel nichts: Kein Gramm Gift wurde bisher ausgegraben. Noch immer liegt der gefährliche Chemiemüll der Vorgängerkonzerne von Novartis, Syngenta und BASF in den ehemaligen Kiesgruben Feldreben, Rothausstrasse und Margelacker. Warum das so ist zeigte sich kürzlich erneut bei der Chemiemülldeponie Rothausstrasse. Wie in allen Deponien der Basler Chemie ist auch dort eine enorme Schadstoffvielfalt anzutreffen. Es sind hunderte von chemischen Stoffen, die bei den Untersuchungen dieser Deponien zum Vorschein kommen.1 Diesem breiten Substanzfächer haben sich – wie eingangs erwähnt – die Behörden im Aargau, im Jura sowie im Wallis gestellt und den Giftmüll herausgeholt.
Im Baselbiet aber bieten die Behörden Hand, die enorme Schadstoffvielfalt mit fragwürdigen Mitteln zu verschleiern. So steht etwa im neuen Bericht zur Rothausstrasse: «Es wurden bislang etwa 185 Einzelsubstanzen identifiziert. Um die Menge der Daten auf ein überschaubares Mass zu reduzieren», streichen das Ingenieurbüro Gruner, der Kanton und die Industrie auch bei der Rothausstrasse den grössten Teil der gefundene Schadstoffe mit meist fadenscheinigen Argumenten weg. Dieses Schadstoff-Streichkonzert nennen sie schönfärberisch «Verdichtung der Screening-Ergebnisse». Am Ende dieser fragwürdigen Reduktion bleiben fünf Substanzen. Nur sie sollen die nächsten Jahre zusätzlich detaillierter untersucht werden, wie der Kanton kürzlich verlauten liess. Peinlich nur: Vor 10 Jahren hat der gleiche Kanton bei derselben Deponie genau diese fünf Substanzen als irrelevant erklärt und weggestrichen, als sie 2004 bzw. 2006 nachgewiesen worden sind.
Unter den damals weggelassenen Substanzen ist auch das hoch gefährliche 4-Chlor-2-methylanilin: Weil der Stoff mit Blasenkrebs in Verbindung steht, bezahlt Syngenta im Wallis und in den USA Entschädigungen an ehemalige Chemiearbeiter. 4-Chlor-2-methylanilin taucht bei den meisten Chemiemülldeponien der Basler Chemie auf: in Monthey im Wallis, bei den Deponien Roemisloch sowie Le Letten im Elsass und in Bonfol im Jura. Roemisloch, Le Letten und Bonfol sind die drei Nachfolgedeponien der Chemiemülldeponien Feldrebengrube und Rothausstrasse in Muttenz. Dass die gefährliche Substanz 4-Chlor-2-methylanilin auch in diesen beiden Baselbieter Deponien vorkommt, liegt somit auf der Hand. Dies zeigen auch eine von Ciba SC (heute BASF), Novartis und Syngenta 2003 erstellte, firmeninterne Substanzliste zu den Muttenzer Deponien und verschiedene firmeninternen Dokumente. Trotzdem haben Basel-Land und die beteiligten Konzerne die Substanz weder bei der Feldrebengrube noch bei der Rothausstrasse mittels Einzelstoffanalysen gesucht. Dies, obwohl die 2006 bei der Rothausstrasse mittels Screening ermittelte Konzentration den Grenzwert um das drei bis 17-fache überschritt, den die Industrie in Monthey (VS) errechnet hatte.
Nicht vorgesehen war wohl, dass bei den kürzlich erneut durchgeführten Screenings 4-Chlor-2-methylanilin wiederum in Grundwasserproben auftaucht. Zudem überschritt die gemessene Konzentration sogar den jetzt gültigen, viel höheren Grenzwert noch immer bis zu fünf Mal. Das sei auch heute nicht von Bedeutung, lässt Rainer Bachmann vom Amt für Umweltschutz und Energie (AUE BL) auf Nachfrage der BZ Basel verlauten. Denn bei der Rothausstrasse seien nur Schadstoffe relevant, die im unteren Grundwasserstrom gefunden würden, «denn dieser wird genutzt». Dort aber sei 4-Chlor-2-methylanilin «nie festgestellt» worden, so Bachmann. Dazu ist festzuhalten:
Dazu ist es auch höchste Zeit. Denn Basel-Land hat bis heute nicht bedacht, dass sich mit der Analysemethode Screening der Blasenkrebs-Stoff 4-Chlor-2-methylanilin gar nicht von seiner viel weniger problematischen Schwestersubstanz (Isomer) 5-Chlor-2-methylanlinin unterscheiden lässt. Dazu müsste jede dieser zwei Substanzen zwingenden einzeln gesucht werden. Dies hielt die Allianz Deponien Muttenz (ADM) schon im März 2013 fest und kritisierte den Kanton für sein bisheriges Vorgehen. Jetzt zeigt sich: ohne Wirkung. Anlässlich der letzten Untersuchungen stützte sich das AUE BL bei der Chemiemülldeponie Rothaus betreffend 4-Chlor-2-methylanilin erneut allein auf Screenings ab. Übrigens: Dass dies nicht ausreicht, um die Substanz sicher festzustellen, hat auch Analysespezialist Professor Michael Oehme festgehalten. Tauchte der Name 4-Chlor-2-methylanilin in einem der neuen Analysebericht zur Rohhausstrasse auf, hat der mit der Qualitätssicherung beauftragte Oehme den Namen mit «or isomer» ergänzt und damit explizit festgehalten, diese Substanz sei nicht eindeutig identifiziert.
Das fragwürdige Vorgehen und das Nichthandeln des Kantons Basel-Land hat Konsequenzen: Der Chemiemüll gefährdet oder verschmutzt gar weiterhin das Trinkwasser von 230'000 Menschen. Dies aber scheint weder Sabine Pegoraro (FDP) als verantwortliche Baselbieter Baudirektorin noch die rot-grüne Baselstädtische Regierung zu kümmern. Letzteres erstaunt, sind es doch vor allem die rund 200'000 Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Basel-Stadt, die das Wasser aus der Muttenzer Hard täglich trinken.
Martin Forter
--------------1 vgl. Martin Forter: Falsches Spiel. Die Umweltsünden der Basler Chemie vor und nach «Schweizerhalle», Chronos-Verlag Zürich, 2010, S. 74-76.
2 Der Schweizerische Bundesrat: Verordnung über die Sanierung von belasteten Standorten (Altlasten-Verordnung, AltlV), vom 26.8.1998 (Stand am 1.3.2015), Art. 9 Schutz des Grundwassers, Abs. 2, a, b u. c, S. 4 u. 5.
+++ 16. August 2015 +++
Die Muttenzer Chemiemülldeponien Feldreben, Margelacker und Rothausstrasse sollen auf Kosten der Verursacher Novartis, Syngenta und Ciba (heute BASF) vollständig ausgehoben werden, um das Basler Trinkwasser zu schützen. Dies verlangten die Totalsanierungs- und Trinkwasserinitiativen der Grünen, über die die Baselbieter Stimmberechtigten 2010 abgestimmt haben. Nun zitiert die «Schweiz am Sonntag» aus internen Dokumenten zum damaligen Abstimmungskampf: Die Baselbieter Wirtschaftskammer habe damals über ein Budget von 1.35 Millionen Franken verfügt. Dies steht im Widerspruch zu Angaben, die Christoph Buser als Kampagneleiter der Initiativgegner 2010 gemacht hat: Eine kleine Kampagne basiere auf 100'000 Franken – «und viel mehr werden wir wohl nicht zur Verfügung haben», liess sich Buser am 6. Mai 2010 in der Basler Zeitung verlauten.
Doch damit nicht genug: Buser bzw. die Wirtschaftskammerfirma IWF habe z.B. Anlässe des Hauseigentümerverbands für seine Zwecke instrumentalisiert und die parlamentarische Debatte mit «vorformulierten Vorstössen (....) gesteuert, die von Landräten verschiedener Parteien eingereicht» worden seien. Ein besonderes Augenmerk habe der Medienarbeit gegolten: Bei TeleBasel sei sogar eine Publikumsumfrage manipuliert worden, so die «Schweiz am Sonntag» heute. Nicht nur das: Jascha Schneider hätte auf TeleBasel die Abstimmungs-Sendung Salon Bâle u.a. mit Christoph Buser als Gast moderieren sollen. Erst nachdem die Basellandschaftliche Zeitung am 28. Mai 2010 berichtete, dass der TeleBasel-Moderator Schneider auch als Anwalt Busers tätig ist, zog sich Schneider drei Tage vor der Sendung als Moderator zurück.
Während dieses Abstimmungskampfes kaufte zudem der Kanton Basel-Landschaft die Feldrebengrube in Muttenz. Der Kanton erwarb für rund 22 Millionen Franken somit die grösste Chemiemülldeponie in seinem Staatsgebiet. Dies, obwohl 2010 schon längst bekannt war, dass die Deponie gemäss Angaben der Industrie 13'500 bis 25'000 Tonnen hochgiftigen Chemiemüll enthält. Auch dieser Kauf scheint von langer Hand eingefädelt worden zu sein, wie aus einer industrieinternen Mail von Conrad Engler, einem Interessenvertreter der Chemie- und Pharmafirmen vom Dezember 2002 hervorgeht: «Wichtig ist [...] die Kantonsbeteiligung für die weiterführenden Abklärungen.» Dann überlege «sich der Kanton [...] wirklich auch zweimal, was er fordert im AUE BL, wenn es (aus der gleichen Direktion) auch mitfinanzieren muss». Je höher also die Kantonsbeteiligung an der Beseitigung des Firmenmülls, umso weniger würde Baselland in Muttenz einen umfassenden Aushub wie in Bonfol fordern. Den schlechten Deal des Kaufs der Deponie haben die Chemie- und Pharmakonzerne dem Kanton im Rahmen des Abstimmungskampfs mit einem Zückerchen von 40 Millionen Franken u.a. für den Trinkwasserschutz versüsst. Und tatsächlich: Basel-Land plant nur eine Billigsanierung. die das Problem Chemiemülldeponie Feldreben nicht lösen wird.
Mit dem Kauf der Chemiemülldeponie Feldreben und der Ablehnung der Totalsanierungsinitiative der Grünen 2010 sitzt der Kanton heute auf einem Risiko von mindestens 500 Millionen Franken. Gleichzeitig hat er sich die Verantwortung für die mögliche Trinkwasserverschmutzung eingehandelt. In dieser Politik liegt auch einer der Gründe, warum der Kanton Basel-Landschaft heute finanziell so schlecht dasteht. Wie von der Industrie erhofft ist nach dem Kauf der Deponie sein Interesse gering, überhaupt eine Sanierung durchzuführen, da sie nun den Kanton wohl viel Geld kosten würde. Also verschleppt er die Sache und lässt es sogar auf juristische Auseinandersetzungen ankommen. Während des Abstimmungskampfs 2010 aber versprach die Regierung noch vollmundig, die Sanierungsarbeiten würden 2012 beginnen, wie die Basellandschaftliche Zeitung am 22. April 2010 berichtete. Bis heute jedoch hat die Exekutive noch nicht mal eine Verfügung für die von ihr geplante Billigsanierung erlassen.
+++ 21. Oktober 2014 +++
Rund 230'000 Menschen aus der Stadt und Agglomeration Basel trinken täglich das Wasser der IWB/Hardwasser AG. Dieses Trinkwasser stammt teilweise aus der Muttenzer Hard, wo es in unmittelbarer Nachbarschaft der Muttenzer Chemiemülldeponien von Novartis, BASF und Syngenta gewonnen wird. In diesem Trinkwasser hat Greenpeace 2006 Schadstoffe wie das genotoxische Hexachlorbutadien nachgewiesen, die mit grosser Wahrscheinlichkeit aus der benachbarten Chemiemülldeponie Feldreben stammen.
Wie haben aber die IWB/Hardwasser AG auf diese Schadstoffe im Trinkwasser reagiert? Zu erwarten wäre, dass sie die Untersuchungen intensivieren. Die beiden staatlichen Trinkwasserversorger aber machten das Gegenteil: Haben IWB/Hardwasser AG 2005 noch Schadstoffe mit 1 ng/l im GC/MS-Screening ausgewiesen, so schneiden sie heute Substanzen mit Konzentrationen von kleiner 100 ng/l einfach weg. Mit anderen Worten: Die Schadstoffe mit einer Konzentration unter 100 ng/l Trinkwasser schauen die IWB/Hardwasser AG gar nicht mehr an. Sie haben somit bei dieser Analysemethode die Bestimmungsgrenze um einen Faktor 100 verschlechtert. Die IWB/Hardwasser AG haben also mit einem Trick die Trinkwasserverunreinigung verschwinden lassen. Dies haben die Kantonalen Laboratorien Baselland und Basel-Stadt als Trinkwasserbehörden offensichtlich gutgeheissen.
Mit dieser Praxisänderung kontrollieren die IWB/Hardwasser AG einen Grenzwert (Toleranzwert ) nicht, den das Bundesamt für Gesundheit (BAG) als Folge des Nachweises von Schadstoffen im Basler Trinkwasser 2009 erlassen hat. Danach darf im Trinkwasser die Konzentration einer Substanz, die das Potential hat, das Erbgut zu verändern und/oder Krebs auslösen (genotoxisches Potential), maximal 100 ng/l betragen. Zur Überwachung dieses Grenzwerts reicht es nicht aus, nur Substanzen mit grösser 100 ng/l im GC/MS auszuwerten: „Man muss bei dieser Analysemethode GC/MS-Screening deutlich unter 100 ng/l gehen, um den Grenzwert von 100 ng/l zu überwachen», sagt Pierre Studer vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zum Vorgehen der IWB/Hardwasser AG. Und Professor Michael Oehme, einst an der Universität Basel und heute als weltweit anerkannter Analytikexperte tätig, betont: „Wenn man bei 100 ng/l abschneidet und die Substanzen darunter nicht auswertet, ignoriert man die Messunsicherheit der Screeningmethode, welche bei ±100% liegt. So lässt sich ein Grenzwert von 100 ng/l nicht kontrollieren. Das ist nicht Stand der Technik und nicht in Übereinstimmung mit internationalen Normen. Eine Auswertung bis auf 50 ng/l ist absolut notwendig und ja auch für Grundwasser bei Chemiemülldeponien üblich. Es macht wenig Sinn, Grundwasser bei Deponien besser zu untersuchen als Trinkwasser.»
„Diese ewige Trickserei mit dem Trinkwasser geht mir gegen den Strich“, nervt sich Hanspeter Meier, Co-Präsident der Allianz Deponien Muttenz (ADM). Und Mirjam Kopp Greenpeace Schweiz meint: „Das ist eine veritable Ohrfeige für die Trinkwasser-KonsumentInnen, dass die IWB/Hardwasser AG ihre Analysen unempfindlicher fahren, als vor unseren Schadstofffunden von 2006..“ Deshalb hat die ADM die IWB/Hardwasser AG in zwei Gesprächen mit ihren Erkenntnissen konfrontiert. Als Folge davon werden IWB/Hardwasser AG die Nachweisgrenze beim GC/MS-Screening auf 50 ng/l Liter absenken. Dazu brauche es aber gewisse Anpassungen, die ca. drei Monate beanspruchen würden. Diese späte Einsicht ist erfreulich, kann aber nur ein erster Schritt sein. Denn: Die Analytik die IWB/Hardwasser AG künftig anwenden wollen, ist immer noch rund 50 Mal unsensibler als jene, die sie 2005 durchgeführt haben.
«Wir wollen zeigen, dass wir bei der Chemiemülldeponie Feldreben in Muttenz eine Billigsanierung nicht zulassen», sagt Hanspeter Meier, Co-Präsident der ADM. Als Plattform für ihren Protest wählten Bürgerinnen und Bürger sowie ADM die öffentliche Veranstaltung der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Basel-Land (VGD) zum ungenügenden Teilsanierungsprojekt, heute Abend im Coop Bildungszentrum in Muttenz. Die rund 20 Personen aus Muttenz und der Region Basel haben zusammen mit der ADM mit Transparenten und Flugblättern gegen die geplante Billigsanierung von BASF, Novartis, Syngenta und der VGD protestiert. (Flugblatt und im Anhang).
Die Protestierenden taten ihre Betroffenheit mittels Flugblättern und Transparenten kund, weil das vorgelegte Sanierungsprojekt die Probleme nicht löst: Die Konzerne BASF, Novartis und Syngenta sind nicht bereit sauber und vollständig aufzuräumen, sondern wollen sich mit einer Billigsanierung freikaufen und so davon schleichen. So soll nur ein geringer Teil des Chemiemülls ausgegraben werden. 80 Prozent des Deponieinhalts würden weiter im Boden verbleiben. Damit würde ein teures Flickwerk einstehen. Muss später trotzdem noch richtig aufgeräumt werden, bleiben bis zu 500 Millionen Franken am Kanton und seinen SteuerzahlerInnen hängen. Denn: Die Kosten für ein zukünftiges Aufräumen werden auf die BesitzerInnen der Parzellen überwälzt. Das ist in erster Linie der Kanton-Basellandschaft. Die Gefahr dafür ist real: Nicht nur, wenn auf dem Gelände gebaut wird, sondern auch wegen der Verschmutzung des Trinkwassers. Behörden und Industrie blenden sie schlicht aus. Mit bloss einer Teilsanierung, wie bisher geplant, besteht weiterhin die Gefahr einer Verschmutzung des Trinkwassers aus der Muttenzer Hard für über 230'000 TrinkwasserkonsumentInnen in Agglomeration und Stadt Basel.
Darum: «Sauberes Trinkwasser statt Billigsanierung» und «Alles Gift muss raus jetzt»:
Anders als z.B. Roche in Grenzach bei der Kesslergrube, will Novartis zusammen mit BASF, Syngenta und der VGD in Muttenz nur eine Teilsanierung durchführen. Anstatt den gefährlichen Chemiemüll vollständig auszugraben, soll bei der Feldreben-Deponie während den nächsten fünf Jahren nur das Grundwasser gereinigt werden. Das macht wenig Sinn, weil die Giftquelle bestehen bleiben würde.
Erst im Rahmen von Bauvorhaben auf der Deponie soll nach fünf Jahren ein kleiner Teil des Chemiemülls nach und nach ausgehoben werden. Dabei orientieren sich Industrie und VGD nach eigenen Angaben nur auf sogenannte chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW). Allerdings: Sie machen keine drei Prozent des Deponieinhalts aus, wie die Verantwortlichen in der Detailuntersuchung selber festhalten. Das zeigt deutlich: Bei der geplanten Teilsanierung handelt es sich um eine Billigsanierung und ein Alibiprojekt.
80 Prozent des Deponieinhalts sollen liegen bleiben. Ein solches Flickwerk wird gemäss Projekt zwar den Kanton und den Bund rund 100 Millionen Franken kosten, das Problem Feldrebengrube aber nicht lösen. Im Gegenteil: Der Kanton bzw. die Baselbieter SteuerzahlerInnen übernehmen ein Risiko von bis zu 500 Millionen Franken, wenn später doch noch richtig aufgeräumt werden muss. Das ganze Deponieareal bleibt und muss im Altlastenkataster verbleiben. Die Kosten werden damit auf spätere Bauvorhaben vor allem des Kantons übertragen.
Denn: Mit ihrer Alibisanierung nehmen Novartis & Co. weiterhin eine Verschmutzung des Trinkwassers von 230'000 Menschen in der Stadt und Agglomeration Basel in Kauf, wie ADM-Experte Prof. Walter Wildi an der Medienkonferenz der ADM vom 29. April 2013 aufzeigte. Novartis & Co. spielen ein gefährliches Spiel: 75% der im Trinkwasser nachgewiesenen Schadstoffe kommen auch in der Feldrebengrube vor. In solchen Fällen verlangt die Eidgenössische Altlastenverordnung die Beseitigung der Gefahrenquelle. Aus diesem Grund verpflichteten die Kantone Wallis (Monthey), Aargau (Kölliken) und Jura (Bonfol) Novartis & Co, ihre dortigen Chemiemülldeponien auszugraben. Im Baselbiet aber riskieren die Verantwortlichen scheinbar lieber die Verschmutzung des Trinkwassers anstatt die Altlastenverordnung durchzusetzen.
+++ 29. April 2013 +++
22.01.2013 - Sanierungsgremien Chemiemülldeponie Feldreben Muttenz: Dreistes Doppelspiel
18.07.2012 - Arbeitsplätze und Chemiemülldeponien in der Region Basel: Novartis und Roche räumen auf, BASF spielt auf Zeit – und zieht schrittweise ab
04.06.2012 - ADM lehnt eine Teilnahme an der Begleitkommission Feldreben zum jetzigen Zeitpunkt ab
12.11.2010 - Von den Chemiemülldeponien in das Trinkwasser von 200'000 Menschen