+++ 16. August 2015 +++
Wie die Wirtschaftskammer die Baselbieter Politik manipuliert

Mit der Wahrheit scheint es Christoph Buser, heute Chef der Baselbieter Wirtschaftskammer nicht immer so genau zu nehmen: Viel mehr als 100'000 Franken würden sie wohl nicht zur Verfügung haben, um die Initiative zur Totalsanierung der Muttenzer Chemiemülldeponie der Grünen zu bekämpfen, liess sich der heutige National- und Ständeratskandidat der FdP 2010 zitieren. Nun aber berichtet die «Schweiz am Sonntag», die Wirtschaftskammer Baselland habe 2010 über ein Budget von 1.3 Millionen Franken verfügt, um die Deponie-Initiative zu bodigen.
Die Muttenzer Chemiemülldeponien Feldreben, Margelacker und Rothausstrasse sollen auf Kosten der Verursacher Novartis, Syngenta und Ciba (heute BASF) vollständig ausgehoben werden, um das Basler Trinkwasser zu schützen. Dies verlangten die Totalsanierungs- und Trinkwasserinitiativen der Grünen, über die die Baselbieter Stimmberechtigten 2010 abgestimmt haben. Nun zitiert die «Schweiz am Sonntag» aus internen Dokumenten zum damaligen Abstimmungskampf: Die Baselbieter Wirtschaftskammer habe damals über ein Budget von 1.35 Millionen Franken verfügt. Dies steht im Widerspruch zu Angaben, die Christoph Buser als Kampagneleiter der Initiativgegner 2010 gemacht hat: Eine kleine Kampagne basiere auf 100'000 Franken – «und viel mehr werden wir wohl nicht zur Verfügung haben», liess sich Buser am 6. Mai 2010 in der Basler Zeitung verlauten.
Vorformulierte Vorstösse und Manipulation von Publikumsumfragen
Doch damit nicht genug: Buser bzw. die Wirtschaftskammerfirma IWF habe z.B. Anlässe des Hauseigentümerverbands für seine Zwecke instrumentalisiert und die parlamentarische Debatte mit «vorformulierten Vorstössen (....) gesteuert, die von Landräten verschiedener Parteien eingereicht» worden seien. Ein besonderes Augenmerk habe der Medienarbeit gegolten: Bei TeleBasel sei sogar eine Publikumsumfrage manipuliert worden, so die «Schweiz am Sonntag» heute. Nicht nur das: Jascha Schneider hätte auf TeleBasel die Abstimmungs-Sendung Salon Bâle u.a. mit Christoph Buser als Gast moderieren sollen. Erst nachdem die Basellandschaftliche Zeitung am 28. Mai 2010 berichtete, dass der TeleBasel-Moderator Schneider auch als Anwalt Busers tätig ist, zog sich Schneider drei Tage vor der Sendung als Moderator zurück.
Kanton kauft grösste Chemiemülldeponie
Während dieses Abstimmungskampfes kaufte zudem der Kanton Basel-Landschaft die Feldrebengrube in Muttenz. Der Kanton erwarb für rund 22 Millionen Franken somit die grösste Chemiemülldeponie in seinem Staatsgebiet. Dies, obwohl 2010 schon längst bekannt war, dass die Deponie gemäss Angaben der Industrie 13'500 bis 25'000 Tonnen hochgiftigen Chemiemüll enthält. Auch dieser Kauf scheint von langer Hand eingefädelt worden zu sein, wie aus einer industrieinternen Mail von Conrad Engler, einem Interessenvertreter der Chemie- und Pharmafirmen vom Dezember 2002 hervorgeht: «Wichtig ist [...] die Kantonsbeteiligung für die weiterführenden Abklärungen.» Dann überlege «sich der Kanton [...] wirklich auch zweimal, was er fordert im AUE BL, wenn es (aus der gleichen Direktion) auch mitfinanzieren muss». Je höher also die Kantonsbeteiligung an der Beseitigung des Firmenmülls, umso weniger würde Baselland in Muttenz einen umfassenden Aushub wie in Bonfol fordern. Den schlechten Deal des Kaufs der Deponie haben die Chemie- und Pharmakonzerne dem Kanton im Rahmen des Abstimmungskampfs mit einem Zückerchen von 40 Millionen Franken u.a. für den Trinkwasserschutz versüsst. Und tatsächlich: Basel-Land plant nur eine Billigsanierung. die das Problem Chemiemülldeponie Feldreben nicht lösen wird.
Kanton hat ein Risiko von 500 Mio. Franken erworben
Mit dem Kauf der Chemiemülldeponie Feldreben und der Ablehnung der Totalsanierungsinitiative der Grünen 2010 sitzt der Kanton heute auf einem Risiko von mindestens 500 Millionen Franken. Gleichzeitig hat er sich die Verantwortung für die mögliche Trinkwasserverschmutzung eingehandelt. In dieser Politik liegt auch einer der Gründe, warum der Kanton Basel-Landschaft heute finanziell so schlecht dasteht. Wie von der Industrie erhofft ist nach dem Kauf der Deponie sein Interesse gering, überhaupt eine Sanierung durchzuführen, da sie nun den Kanton wohl viel Geld kosten würde. Also verschleppt er die Sache und lässt es sogar auf juristische Auseinandersetzungen ankommen. Während des Abstimmungskampfs 2010 aber versprach die Regierung noch vollmundig, die Sanierungsarbeiten würden 2012 beginnen, wie die Basellandschaftliche Zeitung am 22. April 2010 berichtete. Bis heute jedoch hat die Exekutive noch nicht mal eine Verfügung für die von ihr geplante Billigsanierung erlassen.